1.2 „Das Dorfbild bewahren und fortentwickeln …“ – Gestaltungssatzung und Gestaltungsleitfaden, Ziele, Inhalte und Auswirkungen einer aktiven Ortsbildgestaltung

Für die beiden älteren Bereiche von Langenholdinghausen – also die Ortsteile im Meiswinkel– und im Holzklautal – existiert ein Dorferneuerungskonzept. Ausgehend von einer im Jahre 1989 von der Stadt Siegen für Langenholdinghausen in Auftrag gegebenen „Untersuchung zur Dorferneuerungsbedürftigkeit“ wurde das Konzept in den Jahren 1990/91 unter aktiver Beteiligung des Arbeitskreises Dorferneuerung Langenholdinghausen erarbeitet. Viele Bedenken, Anregungen und Änderungswünsche des Arbeitskreises konnten in das Dorferneuerungskonzept einfließen. Es enthält neben einer umfassenden Bestandsanalyse der Bausubstanz, der Dorfökologie, der Verkehrssituation etc. eine Fülle von Vorschlägen zur Bau- und Grüngestaltung, zur Straßengestaltung oder zur Entwicklung dörflicher Mittelpunkte. 1992 vom Rat der Stadt Siegen als Leitbild für die Dorfentwicklung beschlossen, begünstigte das Konzept in der Folgezeit die Förderung zahlreicher Anträge aus der Bürgerschaft auf finanzielle Förderung von Baumaßnahmen zum Erhalt historischer und ehemals landwirtschaftlich genutzter Gebäude.




Dorferneuerungskonzept und Gestaltungssatzung haben ein gemeinsames Ziel: Den Charakter des Dorfes zu bewahren und das Dorf behutsam fortzuentwickeln

Seit dem Jahre 2001 steht das charakteristische Ortsbild von Langenholdinghausen unter dem Schutz einer Gestaltungssatzung. Angeregt und entworfen wurde die Satzung nebst einem Gestaltungsleitfaden von ortsansässigen Bürgern, die Festlegung auf die jetzt rechtsgültigen Bestimmungen erfolgte in einer beispielhaften Zusammenarbeit zwischen den von der Satzung betroffenen Bürgern, der Verwaltung und den politischen Gremien der Stadt Siegen.

Die Satzung und der zugehörige Gestaltungsleitfaden sollen dazu beitragen, dass sich zukünftige Neubauten oder bauliche Änderungen an Gebäuden harmonisch in das bestehende Ortsbild eingliedern.

Mit Anregungen und Hinweisen zu einer dorfgerechten Gestaltung von Bauwerken und ihrer Umgebung soll die Satzung vor allem aber auch die Einsicht fördern, dass jeder Bürger durch seine Entscheidungen maßgeblich zur Ortsbildgestaltung beiträgt oder beitragen kann und dass die Ortsbildgestaltung die gemeinsame Aufgabe aller Bürger ist. Gleichzeitig lässt die Satzung für die Gestaltung von Bauvorhaben ausreichende Spielräume, sie steht ökologischen und städtebaulich sinnvollen Neuerungen nicht im Wege, und sie nimmt Rücksicht auf die derzeit im Dorf vorhandene Baukultur und den heutigen Stand der Ortsgestaltung. Im Blick auf die unterschiedliche historische und städtebauliche Struktur des Dorfes unterscheidet die Satzung zwei Geltungsbereiche (Geltungsbereich I: Historischer Ortskern; Geltungsbereich II: Jüngere Ortsteile) mit unterschiedlichen Anforderungen an bauliche Anlagen.

Die rechtsverbindlichen Bestimmungen der Gestaltungssatzung, die Anregungen und Empfehlungen des Gestaltungsleitfadens, aber auch die Beweggründe des Arbeitskreises Dorferneuerung, sich für die Schaffung eines örtlichen Baurechts stark zu machen, wurden in einer Broschüre zusammengefasst und den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt.

Durch die in der Satzung vorhandenen Rahmenvorgaben – z. B. zu Dachformen oder zur Baustoffkultur – konnte die Einbindung neuer Bauobjekte in den vorhandenen Bestand seit Inkrafttreten der Satzung im Jahre 2001 an mehreren Stellen erfolgreich realisiert werden. Dabei zeigt sich, dass auch im Geltungsbereich der Satzung hinreichend Möglichkeiten bestehen, neue Häuser und andere Bauwerke individuell zu gestalten.


Neubauten aus der jüngeren Zeit gliedern sich in das bestehende Ortsbild ein



Auch das im Jahre 2007 neu errichtete Feuerwehrgerätehaus erhielt ein Satteldach und passt damit in die umgebende Bebauung. Den Vorstellungen des Arbeitskreises Dorferneuerung und Dorfgeschichte wurde Rechnung getragen.

Auch unabhängig von der Gestaltungssatzung sind die Bürgerinnen und Bürger von Langenholdinghausen – nicht zuletzt auch die Mitglieder des Arbeitskreises Dorferneuerung und Dorfgeschichte - um die Pflege, die Instandsetzung und Rekonstruktion historisch bedeutsamer und ortsbildprägender Bauwerke und Einrichtungen bemüht.




„Schusdersch“ Haus an der Olper Straße – ein Haus mit den typischen Gestaltungsmerkmalen des beginnenden 20. Jahrhunderts. Siehe auch: Haus Nr 53




Gepflegtes Fachwerk "Villäps" Haus,




… und „Käufersch“ Scheune



In der Fassade von „Näfs“ Haus lässt es sich lesen wie in einem Buch – die einzelnen Bauabschnitte des Hauses sind deutlich erkennbar




Der am „Zinnwald “ in traditioneller Fachwerkbauweise vom Arbeitskreis Dorferneuerung und Dorfgeschichte neu errichtete „Backes“



Auch Carports lassen sich dorfgerecht gestalten. Mitglieder des Arbeitskreises standen dem Bauherrn bei der Planung und Ausführung des Projektes zur Seite (2008)



Fachwerk ist "in" und der Fachwerkbau macht Spaß: Beim Aufschlagen einer neuen Remise an der Holdinghauser Straße wirkten Helfer vom Arbeitskreis tatkräftig mit (2009)



In vielen Arbeitsstunden rekonstruierten Mitglieder des Arbeitskreises Dorferneuerung den einstigen Glockenturm der alten Kapellenschule am "Alten Berg". Bei der Festlegung der Abmessungen und der Formgebung des Turmes und des Turmdaches orientierten sie sich an vorhandenen alten Fotos der Kapellenschule (2010)


Der Arbeitskreis Dorferneuerung und Dorfgeschichte hat konkrete Vorschläge zur weiteren Verbesserung des Ortsbildes erarbeitet. Sie beziehen sich im wesentlichen auf die folgenden Bereiche:


1. Der Verzicht auf untypische, ortsfremde Materialien und Gestaltungselemente, wie z. B. Zäune aus Stahlgitterelementen oder Baustahlmatten, aus bautechnischer Sicht überflüssige Betonmauern oder Betonelemente, Stützwände aus Bahnschwellen, Bonanzazäune oder Leitplanken.



Bei dieser Trockenmauer wären kleinere, von Hand zu setzende Steine „dorfgerechter“ gewesen – die stellenweise Bepflanzung der Mauer wird das Bild verbessern




Bei einer Erneuerung der Stützwand könnte der Bau einer Trockenmauer aus Bruchsteinen in Erwägung gezogen werden


2. Die Öffnung oder Umgestaltung bisher versiegelter Flächen, d. h. Schotterrasen anstelle einer Teerdecke oder eines dichten Betonpflasters, Natursteinpflaster anstelle eines Verbundsteinpflasters aus Beton



Nicht jede kleine Stelle muss „besengerecht“ versiegelt sein



Ein einfacher, wasserdurchlässiger „Schotterrasen“ würde als Abstellfläche genügen


3. Die punktuelle Entfernung ortsfremder Bepflanzungen bzw. deren Ersatz durch ortstypische Gehölze




Die teilweise Zurücknahme der Bepflanzung brächte mehr Helligkeit für das Haus


4. Die Durchführung von Baumpflanzungen und Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden und Mauern, z. B. das punktuelle Anlegen von Baum- oder Strauchgruppen am Birlenbach an Richtungsänderungen im Bachverlauf, die Ergänzung bestehender Baumreihen an Böschungen oder die Begrünung von Hauswänden oder Stützmauern durch Wilden Wein an entsprechenden Klettergerüsten
Zur Umsetzung möglicher Verbesserungsmaßnahmen sollen Wege beschritten werden, die sich bereits in der Vergangenheit bewährt haben:

- Die Präsentation von Photoausstellungen zur Ortsbildgestaltung während öffentlicher Veranstaltungen,
z. B. während des Backesfestes

- Die Organisation von Ortsbegehungen

- Die Durchführung von Vortrags- und Informationsveranstaltungen, z. B. zur Wechselwirkung vor Ortsbild und Wohnqualität, zur Instandsetzung und zur Pflege von Fachwerkhäusern oder zur naturnahen Gestaltung des Hausumfeldes

- Das Führen persönlicher Gespräche mit Haus- und Grundbesitzern

- Das Angebot zur Hilfestellung bei der Beantragung von Zuschüssen zur Dorferneuerung

- Das Setzen positiver Beispiele durch die dorfgerechte Gestaltung und Pflege ortsbildprägender Bausubstanz

Auch wird sich der Arbeitskreis über die Bauaufsichtsbehörden den Bauwilligen als Ansprechpartner empfehlen – insbesondere in strittigen Gestaltungsfragen konnten hierdurch schon mehrfach Erfolge erzielt werden.

Insbesondere bei der Behandlung gestalterischer Fragen im privaten Bereich ist mit der notwendigen Sensibilität vorzugehen. Die Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger zur Gestaltung ihres Hauses und des Hausumfeldes sind sehr unterschiedlich. Auch bei einem offenkundig nicht dorfgerechten Erscheinungsbild wurden in Anwesen und Anlagen viele Ideen, Fleiß und Geld investiert. Besserwisserei oder der Anschein der Bevormundung sind deshalb fehl am Platze, gefragt sind statt dessen Anregungen, das Aufzeigen von Alternativen und das gute Beispiel.

Auch in Langenholdinghausen bleibt der demografische Wandel nicht ohne Folgen: Auf eine zunehmende Zahl von Häusern kommt ein Besitzerwechsel zu, sei es dass die Eigentümer kinderlos sterben, dass die Kinder selbst eigene Häuser errichteten oder sie sich anderswo eine Existenz aufbauten. Dem Arbeitskreis ist es deshalb ein wichtiges Anliegen, dass bereits jetzt leerstehende oder künftig leerfallende Anwesen möglichst bald mit neuem Leben gefüllt werden. In den Medien wurde und wird deshalb für den Kauf dieser Häuser und das Bauen im Bestand geworben. Unterstützung fand der Arbeitskreis beim Fachbereich Architektur der Universität Siegen. Im Sommersemester 2008 wurden zwei leerstehende, ortsbildprägende Anwesen von Studentinnen und Studenten vermessen, die Bausubstanz untersucht und Vorschläge zur dorfgerechten Modernisierung der Anwesen entwickelt.




Studentinnen und Studenten des Fachbereichs Architektur der Universität Siegen mit ihren Betreuern vor dem Haus von „Gewelersch“ (2008)




„Maßaufnahme“ durch zukünftige Architekten auf dem „Ollern“ von „Bochs“-Haus (2008)...




… und die Präsentation der Vorschläge zur Modernisierung und weiteren Nutzung der Anwesen (2008)

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